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Von Politikverdrossenheit keine Spur

Die demokratische Grundordnung ist von den Menschen in Deutschland im Laufe der Geschichte hart erkämpft worden. Nach Monarchie, Diktatur und Sozialismus leben wir heute in einer freien Gesellschaft, in der sich die Bürger über vielfältige Möglichkeiten aktiv einbringen können. Deshalb ist es den Schulen ein besonderes Anliegen, das Interesse der Jugendlichen an Politik und selbstbewusster Mitwirkung an unseren gesellschaftlichen Veränderungen zu wecken und zu stärken. Politik beeinflusst das Leben auf nahezu allen Ebenen und stellt die Weichen für die Zukunft. Demokratie lebt vom Mitmachen, weshalb junge Menschen an den Prozessen der politischen Willensbildung unbedingt teilhaben sollten.

Der Landtag von Baden-Württemberg unterstützt die Bildungseinrichtungen entsprechend mit Materialien, Schulbesuchen und zahlreichen Aktionen sowie Angeboten. Den Schülerinnen und Schülern sollen dabei aus erster Hand Einblicke in Aufgaben und Arbeitsweise des Parlaments ermöglicht werden. Die beiden neunten Klassen der GWRS Villingendorf machten sich nun auf den Weg nach Stuttgart, um unmittelbare Eindrücke vom großen Plenarsaal erhalten und mit Abgeordneten ins Gespräch kommen zu können. Dabei wurden sie mit weiteren Werkrealschülern aus Schramberg zusammengeführt, sodass sich der Plenarsaal fast vollständig mit Jugendlichen aus dem Landkreis Rottweil füllte. Das fast 135-köpfige Besucherplenum folgte konzentriert den Ein- sowie Ausführungen der Landtagsmentoren, wiederholte dabei die wichtigsten Fachbegriffe zu unserer parlamentarischen Demokratie und wählte unter strikter Beachtung der Parlamentsordnung aus den eigenen Reihen einen Landtagspräsidenten. Dieser leitete in einem weiteren Schritt während der realitätsnahen Simulation die Wahl des Ministerpräsidenten. Im Anschluss durften die jungen „Interimsparlamentarier“ gleich fünf Abgeordneten aus allen Landtagsfraktionen inhaltlich auf den Zahn fühlen: Stefan Teufel (CDU), Emil Sänze (AfD), Jonas Nicolaus Weber (SPD), Hans Dieter Scheerer (FDP) und Fadime Tuncer von den Grünen.

Der spannende und stets sachlich geführte Austausch dauerte länger als gedacht und wurde erst zu Beginn der planmäßigen Ausschusssitzungen seitens der Abgeordneten beendet. Denn die Werkrealschüler zeigten sich gut vorbereitet und sprühten vor Interesse. Sie formulierten Fragen zu den familiären Verhältnissen der Abgeordneten, zu politischen Themen wie Energie, Tempolimit, Wirtschaft und zu den Prozessen der Willensbildung innerhalb der Fraktionen. Einwanderung, Arbeitsmarkt, Inflation und Ukraine-Krieg wurden ebenfalls angesprochen. Wer bisher grundsätzlich der Annahme gefolgt war, dass sich „die Jugend“ nicht für Politik interessiere, wurde hier eines Besseren belehrt. Die Wortbeiträge der Schülerinnen und Schüler zeugten davon, dass der „mündige Bürger“ noch lange nicht zum Auslaufmodell erklärt werden muss. „Die Jugendlichen haben uns heute schwer beeindruckt“, sagte Teufel im Anschluss an die Sitzung und lobte die Anstrengungen zur politischen Bildung seitens der beiden Werkrealschulen aus Villingendorf und Schramberg. Realbegegnungen seien in diesem Zusammenhang ein überaus wertvoller Baustein. Samuel aus Klasse 9, der als „gewählter“ Landtagspräsident die Fragestunde begleitet hatte, gab das Kompliment prompt zurück: „Einen solch spannenden Tag hatte niemand von uns erwartet. Und trotz der verschiedenen Meinungen scheinen die Abgeordneten ganz nett zu sein“. Hochzufrieden traten die Schülergruppen den Heimweg an.

Die beiden neunten Klassen der GWRS Villingendorf besuchen nach den Osterferien das Europaparlament in Straßburg und werden dort vom Abgeordneten Andreas Schwab (Fraktion der Europäischen Volkspartei, Christdemokraten) empfangen.