Raum erstrahlt im neuen Glanz / Erfolgreiche Kooperation zwischen Schule und Handwerk
Freitagmorgen, 7.30 Uhr, Grund- und Werkrealschule in Villingendorf. Während die letzten Schülerinnen und Schüler dem Schulhof in Richtung ihrer jeweiligen Klassenräume den Rücken kehren, trifft die Streitschlichtergruppe letzte Vorbereitungen für einen besonderen Tag. Ihre Schultaschen haben Selina, Nadine und Anjelina aus Klasse 9 heute gegen strapazierfähige Arbeitsklamotten getauscht. Lockerer Smalltalk begleitet letzte Handgriffe, bei denen neben einer Filztafel auch zwei Tische aus einem ansonsten leeren Raum entfernt werden. „Die anderen Sachen haben wir bereits vor einer Woche in den Keller getragen“, erklärt eines der Mädchen. In diesem Moment fährt draußen auch schon ein weißer Lieferwagen vor – die Spannung steigt.
Rückblick. Im Spätsommer des vergangenen Jahres fällt der Entschluss, dass die Streitschlichter eine eigene Wirkungsstätte bekommen sollen. Hinter den schulischen Streitschlichtern verbirgt sich ein Konzept, wonach Konflikte von den betroffenen Kontrahenten selbst konstruktiv gelöst werden können. Und zwar ohne strafende Lehrer oder andere Autoritätspersonen, die meist nach wenigen Momenten komplexe Zusammenhänge entschärfen sollen und dabei nur selten zum Kern des eigentlichen Problems vordringen. Nach einer entsprechenden Ausbildung übernehmen in Villingendorf engagierte Schülerinnen und Schüler den dazu notwendigen Moderationsprozess und strukturieren damit dieses schwierige Unterfangen zur Selbsthilfe. Erst wenn ein solcher Versuch erfolglos bleibt, klinkt sich wieder die Lehrerschaft ein. Vorher gilt das Motto „Schüler helfen Schülern“.
Im Grundschulgebäude findet sich dann auch rasch eine geeignete Räumlichkeit, die den Bedürfnissen der Streitschlichter aber noch angepasst werden muss. „Wir brauchen mehr Platz und eine angenehmere Atmosphäre“, formulieren die Mädchen und Jungen in ihrem Nutzungsplan. Sie sind sich einig, dass das Zimmer in Eigenleistung renoviert werden soll. Es folgt eine schwierige Findungsphase. Gemeinsam werden mögliche Farbmuster, Bildmotive und Einrichtungsvarianten diskutiert. Ein Konsens kann angesichts der zahlreichen Optionen aber noch nicht erzielt werden. Nach und nach setzt sich die Erkenntnis durch, dass man die Hilfe von Fachleuten in Anspruch nehmen sollte. Unterstützt von der schuleigenen Berufsorientierung, wird mit dem ortsansässigen Malergeschäft Edmund Kammerer eine Kooperation vereinbart. Plötzlich ist der Knoten geplatzt. Unter der fachkundigen Beratung des Malermeisters entsteht ein Renovierungsplan, dem alle Beteiligten zustimmen können.
Heute erfolgt nun die Umsetzung dieses Vorhabens. Ronny Schreck und Sven Lahm steuern den weißen Kastenwagen des Malergeschäfts nahe an den Treppenaufgang heran. Sie werden von den drei Schülerinnen bereits erwartet und wollen das „Projekt zur Berufsorientierung“ entsprechend begleiten. Mit der Ankunft von Vanessa und Gülnur (Klasse 7) nebst Kevin und Felix (Klasse 6), sind mittlerweile auch die Streitschlichter komplett. Sie tragen Farbeimer, stemmen Kästen mit allerlei Hilfsmitteln, kleben Leisten ab, zeichnen den geplanten Farbverlauf auf den Wänden ein, beseitigen Löcher, rauen mit Sandpapier Holzrahmen auf, pinseln und walzen. Ronny Schreck und Sven Lahm entwickeln zu den Kindern sofort einen guten Kontakt. Sie erklären sämtliche Arbeitsschritte und beziehen dabei jeden mit ein. Der Funke springt über. „Unsere Arbeit macht Spaß“, freuen sich die beiden Jungen und ernten von ihren Mitschülerinnen ein begeistertes Nicken. Viele fleißige Hände sorgen laufend für deutlich sichtbare Arbeitsfortschritte, so dass am Mittag bereits das Meiste getan ist. Als sich die Kinder schließlich auf den Heimweg machen, hat die mitunter anstrengende Arbeit ihre Spuren hinterlassen: Mintgrüne Wandfarbe findet sich an der Arbeitskleidung und auf so mancher Nase wieder. „Nicht alles sind Spritzer“, lacht eines der Mädchen, zeigt auf einen grünen Handabdruck am Hosenbein ihrer Montur und zieht zufrieden von dannen. Zurück bleibt das neue Gesicht des Streitschlichterraums und zeugt von der gelungenen Kooperation zwischen Schule und Handwerk.