„Eine gute Berufsorientierung bedarf der nachhaltigen Vernetzung von allen Beteiligten“
In der GWRS Villingendorf hat das erste „Elternforum Berufsorientierung“ stattgefunden. Dabei wurde vom BO-Beauftragten Torsten Zühlsdorff das Konzept der schulischen Berufswegeplanung vorgestellt und erläutert. Bereits ab Klasse 5 greifen Maßnahmen und Projekte, die den Schülern auf durchgehend handelnder Ebene sehr tiefe Einblicke in betriebswirtschaftliche Zusammenhänge ermöglichen. In Klasse 7 wird dieser Prozess über etablierte Diagnoseverfahren streckenweise individualisiert, wodurch für alle Kinder personenbezogene Förderkonzepte erarbeitet werden können. Über realwirtschaftende Schülerfirmen findet zudem eine Vertiefung und Erprobung der bisherigen Erkenntnisse statt. Des Weiteren hat die Schule in Anlehnung an die IHK ein Unterstützungssystem entwickelt, das intern als „Regionale Ausbildungsbotschafter“ bezeichnet wird. Hier sollen die Jugendlichen bei der gezielten Wahl ihrer Praktika von konkreten Hilfsangeboten profitieren, die direkt über die Azubis der Partnerbetriebe multipliziert werden. Nebenbei trainieren sie dabei sogenannte „Schlüsselkompetenzen“, die für einen erfolgreichen Übergang ins Berufsleben unverzichtbar sind. Während der Klassen 9 und 10 stehen weitere Vertiefungen an. Zusätzlich zum erfolgreichen Schulabschluss sollen sich die Schüler hier mittels individueller Bewerbungsprozesse ihre unmittelbare Zukunft außerhalb der Werkrealschule sichern. Die kompletten Übersichten zum „Schulcurriculum Berufsorientierung“ können auf www.schule-villingendorf.de eingesehen werden und stehen dort zum Download bereit.
Sven Kiener und Monika Slongo bereicherten das erste Elternform BO
Im zweiten Teil informierte Monika Slongo, Berufsberaterin bei der Agentur für Arbeit Rottweil – Villingen-Schwenningen, über mögliche berufliche und schulische Wege im Anschluss an die Werkrealschule. Seit dem laufenden Schuljahr finden auch Regelsprechstunden direkt in der GWRS Villingendorf statt. Slongo zeigte auf, in welchen Berufsfeldern die allgemeine Nachfrage so hoch ist, dass sich interessierte Schüler auf anspruchsvolle Bewerbungsverfahren einstellen müssen. In technischen und handwerklichen Bereichen werde dagegen auch für die Folgejahre mit einem akuten Fachkräftemangel zu rechnen sein. Eltern sollten beizeiten zusammen mit Lehrern und ihren Kindern deren Talente und Stärken herausfinden. Dabei sei vor „Notlösungen“ zu warnen. Denn wenn angestrebte Berufsbilder nicht der Motivation des Nachwuchses entsprächen, müsse beim ersten Auftreten von Schwierigkeiten möglicherweise mit einem vorzeitigen Abbruch des Ausbildungsverhältnisses gerechnet werden. Weitere Themen waren das Zeitmanagement während des Bewerbungsprozesses, Unterstützungsangebote seitens der Arbeitsagentur und Berufspraktika als Orientierungshilfe und Türöffner.
Sven Kiener, Ausbildungsleiter bei SK Scheidel Kunststoffe – Glas GmbH, berichtete anschließend, wie schwer es geworden sei, geeignete Bewerber zu finden. Noten stünden mittlerweile im Schatten von fehlenden Sozialkompetenzen, mangelnder Motivation, geringem Durchhaltevermögen und schwach ausgeprägter Selbstständigkeit. Außerdem nehme das Interesse für technische Berufsfelder laufend ab. Kiener betonte, dass sich der Betrieb erst dann für einen Bewerber entscheide, wenn man sich während eines Praktikums näher kennengelernt habe. Denn die besten Zeugnisnoten blieben ohne Wert, sobald keine Teamfähigkeit gegeben sei. Ähnliche Aussagen kenne man auch von großen Arbeitgebern wie der Flughafen Stuttgart GmbH, bestätigte Schulleiter Rainer Kropp-Kurta. Kiener schloss seine Ausführungen mit der Bitte, dass Schüler und Eltern die schulischen Praktika nutzen sollten. Denn nur hier könnten die Jugendlichen in eine betriebliche Realität schnuppern, die mit schulischen Verhältnissen kaum mehr zu vergleichen sei. Wer seine berufliche Zukunft aktiv gestalten wolle, müsse zwingend eigene Erfahrungen sammeln.
An der folgenden Aussprache nahm neben den genannten Personen auch Sabine Gauß teil, die als Klassenlehrerin der Stufe 10 in die Berufsorientierung involviert ist. Aus den Reihen der Erziehungsberechtigten wurde die zunehmende Vernetzung von Schule, Wirtschaft, Arbeitsagentur und Elternhaus mit Wohlwollen aufgenommen. Allerdings müsse speziell das Handwerk an einer „Willkommenskultur“ für junge Menschen arbeiten. „Wenn Schüler während eines Praktikums als billige Handlanger missbraucht werden, darf man sich über eine mangelnde Motivation nicht wundern“, meldete sich eine Mutter zu Wort. Anregungen gab es auch für die „Regionalen Ausbildungsbotschafter“, die nun über einen Elternkontakt mit Angeboten zu Pflegeberufen ergänzt werden sollen. Weitere Teilnehmer sorgten mit ihren Gedanken und Ideen für einen konstruktiven Austausch.
Am Ende übergab Zühlsdorff den beiden Gastrednern als Dankeschön jeweils einen 5-Liter-Karton frisch gekelterten Apfelsaft. Dieser sei im Zuge des preisgekrönten Apfelprojektes in Klasse 6 entstanden. Ein beteiligtes Mädchen habe ihm während der morgendlichen Frühbetreuung voller Begeisterung alle einzelnen Arbeitsschritte erklärt und damit noch einmal gezeigt, wie nachhaltig und wertvoll die unmittelbar-sinnlichen Erfahrungen bei solchen Realbegegnungen seien. Ebenso bedankte er sich für die lebhafte Mitarbeit der zahlreich anwesenden Erziehungsberechtigten.