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Die „20 nach 4“-Stellung: wie man mit Messer und Gabel spricht

Teil IV: Finanzplanung im eigenen Haushalt und richtiges Verhalten im Restaurant

„Lasst uns heute übers Geld sprechen. Was wäre aus eurer Sicht direkt nach der Ausbildung ein gutes Grundgehalt?“, eröffnet Jochen Hermann den heutigen Nachmittag. Die Schülerinnen und Schüler nennen Beträge zwischen 1800,- € und 2500,- € brutto. Hermann hat sich im Vorfeld natürlich informiert und sorgt mit einer entsprechenden Auflistung für allgemeine Ernüchterung. Demnach verdient ein Bäcker durchschnittlich 1800,- € brutto und führt damit das Ranking der dargestellten Berufsbilder an. Und was bleibt davon netto? Hermann geht exemplarisch von 1200,- € aus. Gemeinsam mit den Jugendlichen erarbeitet er eine Zusammenstellung der monatlichen Fixkosten: Miete, Lebensmittel, Energie, Mobilfunk, Festnetz/TV/@, Kleidung, Auto (Anschaffung, Versicherung, Kraftstoff, Steuern, Werkstatt), evtl. Rauchen, Versicherungen und Altersvorsorge. Die Schüler kommen auf einen Restbetrag von gerade einmal 90,- €. Davon muss der ganze Rest bestritten werden: Freizeit/Hobby, Urlaub, Sparkonto, evtl. Haustiere und Reparaturen. Fazit des nun folgenden lebhaften Austausches: planlos geht das alles ja gar nicht. Mit dieser Erkenntnis und „rauchenden“ Köpfen verabschieden sich die Mädchen und Jungen nach 50 kurzweiligen Minuten in die wohlverdiente Pause.

Als das Plenum wieder zusammenkommt, steht mitten im Raum ein leerer Tisch. Eine Schülerin soll diesen mit Tellern, diversem Besteck und Servietten eindecken. Sie erledigt diese Aufgabe mit Bravour. Sämtliches Besteck, welches später von der rechten Hand bedient werden soll, landet auch auf der rechten Seite neben dem Teller. Dasselbe gilt für den linken Bereich. Dabei wird das Besteck in der Reihenfolge der vorgesehenen Verwendung von außen nach innen abgelegt. Die kunstvoll gefalteten Servietten können als Dekorationsobjekte direkt auf den Tellern zur Geltung kommen. Zwei Freiwillige setzen sich nun an die gedeckte Tafel. Die Dame nimmt auf dem rechten Stuhl Platz und der Herr wählt im Anschluss die Sitzgelegenheit zu ihrer Linken. Jochen Hermann tischt auch sogleich eine Herausforderung auf, die er als „Gruß aus der Küche“ bezeichnet. Die beiden Gäste sehen sich nun mit einem kleinen Teller konfrontiert, auf dem sich eine überschaubare Menge an Baguette-Stücken und Butter befindet. Dazu wird ein spezielles Messer gereicht. Wie agiert man jetzt richtig? Einige Wortbeiträge führen mögliche Szenen aus, die für viele Lacher sorgen. Doch gemeinsam kann das richtige Vorgehen schließlich dargestellt werden. Zunächst wird die Serviette vom Teller genommen, aufgefaltet und einmal der Länge nach umgelegt auf dem Schoß platziert. Danach nimmt sich zuerst die Dame etwas Butter und Baguette auf den eigenen Teller, der Herr tut es ihr danach gleich. Beim Essen dürfen solche Backwaren keinesfalls geschnitten werden. Die Gäste sollten sich vielmehr mundgerechte Stücke aus den dargebotenen größeren Einheiten herausreißen. Das morgendliche „Ich schmier‘ mir jetzt `ne Stulle“-Prinzip sei hier völlig fehl am Platz, merkt Hermann mit einem Augenzwinkern an.

Je nach Situation wählen wir uns oft den einfachsten, schnellsten oder auch angenehmsten Kommunikationsweg. So auch im Restaurant. Wer weiß, wie man mit der Platzierung des Bestecks kommuniziert, kann sich nach einem guten Essen entspannt gegenüber dem Kellner ausdrücken, ohne dabei sprechen zu müssen. Zusammen mit den Schülern übersetzt nun Hermann die allgemein übliche „Bestecksprache“ in der Gastronomie. Dazu sollte man sich den Teller als Uhr vorstellen, bei der Messer und Gabel als Zeiger fungieren. Generell gibt es fünf wichtige Positionen. Während des Essens kann die „20 nach 8“-Stellung nützlich sein. Denn wenn man Messer und Gabel auf dem Teller zu einem Dreieck ordnet, auf der Acht die Gabel und das Messer auf der zwanzigsten Minute, bedeutet das für den Kellner: Ich mache momentan eine Essenspause – den Tisch bitte noch nicht abräumen. Die „20 nach 4“-Stellung signalisiert hingegen: Ich bin fertig. Messer und Gabel werden dazu parallel zueinander auf dem Teller abgelegt. Die Griffe stehen auf vier Uhr bzw. der zwanzigsten Minute. Möchte man dagegen Unzufriedenheit zum Ausdruck bringen, weil die Qualität der Speisen nicht den Erwartungen entsprochen hat, kann die „20 vor 8“-Stellung zum Einsatz kommen. Dabei werden Messer und Gabel auf dem Teller zu einem Dreieck gelegt, wobei sich Klinke und Zinken in der Mitte zur „7:40 Uhr-Position“ treffen. Die „5 nach halb 7“-Stellung (Kompliment an den Küchenchef) und die „Gastronomische Löffelchenstellung“ (bitte nicht nachschenken) werden von Hermann nur noch kurz erwähnt, weil sie im normalen Restaurantalltag eher eine untergeordnete Rolle spielen.

Weitere Benimmregeln runden den Nachmittag ab. So könne man oft beobachten, wie Gäste ihre benutzten Servietten noch rasch auf die Teller werfen, sobald der Kellner mit dem Abräumen begonnen habe. Von dieser Praxis sei dringend abzuraten, schmunzelt Hermann: „Nach dem Essen sollte die Serviette zweimal gefaltet links unter dem Teller abgelegt werden“. Und die Hände? „Sie gehören bis zu den Handgelenken auf den Tisch. Aber Ellenbogen haben hier nichts mehr verloren“, unterstreicht Hermann. Benimmregeln haben eben auch etwas mit gegenseitigem Respekt zu tun.