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Kooperation mit der Tanzschule Herzig aus Rottweil erfolgreich gestartet

Kompetenz- und Alltagstraining an der GWRS Villingendorf

Teil I: Vertrauen geben, Vertrauen bekommen

Beim Kompetenztraining in Klasse 10 sollen sich die Schülerinnen und Schüler wichtige soziale Fähigkeiten erschließen und im praktischen Tun einüben. Weil der Übergang von der Schule in den Beruf viele Herausforderungen auf der zwischenmenschlichen Ebene bereithält, sind unsere Aktivitäten eng mit der Berufsorientierung verbunden. Nach dem Projekt „Weihnachten im Schuhkarton“, in dessen Verlauf die Jugendlichen mit Strukturen einer Schülerfirma zahlreiche externe Kontakte knüpfen und pflegen, eigenständig Kalkulationen durchführen, Einkaufs- sowie Packprozesse organisieren und später abschließend auch realisieren mussten, wurde heute ein weiteres Projekt eingeführt. Das sogenannte „Alltagstraining“ greift Situationen und Anforderungen auf, mit denen die Mädchen und Jungen spätestens nach dem Schulabschluss konfrontiert werden.

Als kompetente Kooperationspartnerin sitzt die Tanzschule Herzig aus Rottweil mit im Boot. Nach einer gemeinsamen konzeptionellen Planung mit der Schule obliegt nun dem Tanzlehrer Jochen Hermann die Leitung des Kurses. Das Projekt erstreckt sich über fünf aufeinanderfolgende Termine zu je 90 Minuten. Nach und nach werden hier die Schülerinnen und Schüler an die sozialen „Hürden“ des (beruflichen) Alltags herangeführt und gewinnen durch praktische Übungen laufend an Sicherheit. „Vertrauen geben, Vertrauen bekommen“ war als Themenschwerpunkt dem Konzeptpapier für die erste Einheit zu entnehmen. Mit Spannung erwarteten die 29 Jugendlichen den Beginn dieser außergewöhnlichen Veranstaltung.

Jochen Hermann gehört zu der bewundernswerten Kategorie von Menschen, die innerhalb kürzester Zeit eine tragfähige Beziehung zu ihrer Zielgruppe aufbauen können. Durch sein offenes und authentisches Wesen gelang es ihm auch gestern wieder, die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler auf den Unterrichtsgegenstand zu lenken. Über niederschwellige Kommunikationsprozesse wurde das anfänglich vorhandene Eis des Unbekannten rasch gebrochen. Im kurzweiligen Gespräch machte Hermann klar, dass es sich bei den Inhalten dieses Projektes um ein gemeinsames Anliegen handelt: „Was ich mit euch zusammen erfahren und erarbeiten möchte, ist echte Lebenshilfe“. Wer bis dato zwei statische Schulstunden nach klassischer Ausprägung erwartet hatte, wurde nun eines Besseren belehrt. Hermann hielt die Gruppe ständig in Bewegung und sorgte über seine unaufdringlichen Impulse für erste Erfahrungswerte.

Zunächst ging es um die Abgabe von Kontrolle. Obwohl der Musiksaal sehr groß ist, schwinden die anfänglich üppigen Platzverhältnisse zusehends dahin, sobald sich 14 Jugendliche mit geschlossenen Augen durch den Raum bewegen sollen. Natürlich wurden alle von einem Partner geführt, um Zusammenstöße zu vermeiden. Die Kommunikation durfte dabei aber nur über sachten Druck und Zug der Hände erfolgen. Solche „Blindflüge“ erfordern von den Schülern ein hohes Maß an Vertrauen, weil Unsicherheiten sofort zu einem Abfall der Körperspannung führen und es infolgedessen zu Kollisionen kommt. „Das Führen ist schwieriger“, stellte ein Mädchen fest. Hermann stimmte zu und erklärte, dass es den meisten Menschen so gehe, da man ja für die andere Person Verantwortung trage und für sie mitdenken müsse. Viele weitere „Aha-Effekte“ stellten sich quasi nebenher im Vorübergehen ein. Personenbezogene Kommentare seitens der Mitschüler, die Handhygiene nach dem Toilettengang und der respektvolle Umgang miteinander: Hermann nutzte sämtliche Situationen, die sich aus den gemeinsamen Interaktionen ergaben, um mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen – und das ganz ohne autoritäre Merksätze und erhobenen Zeigefinger.

Aufeinander zugehen

Viele Schülerinnen und Schüler agierten nun deutlich entspannter als am Anfang des Nachmittags, weil es Hermann verstand, den Lerngegenstand mit Spaß zu verbinden. Stets aus geeigneten Aktivitäten heraus ging es im weiteren Verlauf um Körperhaltung, Bewegungsabläufe und der angemessenen Offenheit den Mitmenschen gegenüber. Aber auch das Gleichgewicht bei einer aufrechten Haltung wurde geübt. „Der erste Eindruck orientiert sich automatisch stets an äußeren Merkmalen“, unterstrich Hermann. Deshalb sei es bei Vorstellungsgesprächen so wichtig, dass man mit einem selbstbewussten und geraden Gang den Raum betrete. Dazu sollen die Kandidaten vorher ganz bewusst durch die Nase einatmen und eine (natürliche) Körperspannung aufbauen. Dass die Umsetzung solcher Ratschläge nicht immer einfach ist, machten die praktischen Übungen deutlich. Hier könne nur gezieltes Training helfen, stellte Hermann abschließend klar.

Kommenden Dienstag sind folgende Schwerpunkte geplant: Wann ist welche Kleidung angebracht? Was ist bei Vorstellungsgesprächen zu beachten? Wie verhalte ich mich beim Essen? Welche Begrüßungsrituale werden bei bestimmten Anlässen erwartet? Ist das intensive Schminken immer von Vorteil? Nach dem heutigen Einstieg wissen alle Beteiligten, dass Jochen Hermann auch diese Themenbereiche wieder toll aufbereiten wird.

Jochern Herrmann von der Tanzschule Herzig